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Das Denkmal NEU denken? Kontextualisierung und künstlerische Ergänzung der Friedland Gedächtnisstätte

Die "Friedland-Gedächtnisstätte" ist Teil der Erinnerungskultur des 1945 eröffneten Grenzdurchgangslagers und somit auch für das Museum Friedland ein wichtiges Element der Geschichte und Gegenwart von Migration. Das weithin sichtbare Monument wurde 1967 durch den Verband der Heimkehrer als Gedenkort für die Opfer des Zweiten Weltkriegs oberhalb des Ortes errichtet.

Das Gedenken wird jedoch auf deutsche Kriegsopfer reduziert, während alle anderen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft unerwähnt bleiben. Bereits kurz nach seiner Einweihung im Oktober 1967 haben Graffitis an den Betonflügeln des Monuments klare Kritik an der Auslassung von Holocaust-Opfern signalisiert. Das heutige Wahrzeichen der Gemeinde Friedland war also bereits in seiner Entstehungszeit umstritten. Gleichzeitig ist es für einige Opfergruppen bis heute ein wichtiger Gedenkort und Teil ihrer jährlich zelebrierten kollektiven Erinnerung.

Mehr als vier Millionen Menschen haben Friedland seit Eröffnung des Lagers passiert: Zunächst Flüchtlinge, Vertriebene und Ausgewiesene, entlassene Kriegsgefangene oder so genannte Displaced Persons, später Aussiedler:innen und Spätaussiedler:innen, seit 2011 auch Asylsuchende aus aller Welt. Der Ort repräsentiert die Folgen des Zweiten Weltkriegs somit wie kein anderer, und doch ist er weit mehr als das: Als Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Niedersachsen beherbergt er heute auch Schutzsuchende aus unterschiedlichsten Ländern, ist Teil der deutschen Asylstrukturen und ein Spiegel weltweiter politischer Konflikte.

Foto: Per Schröter|

Diese Gleichzeitigkeit von Geschichte und Gegenwart bedeutet auch für die inhaltliche Arbeit im Museum Friedland eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Es geht um die Frage, wie bisher unsichtbare Perspektiven und (Migrations)Erfahrungen auch außerhalb der Ausstellung im Umfeld des Museums sichtbar gemacht und die eindimensional tradierte Erinnerungskultur vor Ort aufgebrochen oder ergänzt werden können.

"Ein Denkmal NEU denken" will die gesellschaftliche Teilhabe und Vielfalt regional fördern, demokratische Strukturen öffentlich sichtbar stärken und im Spiegel des kontroversen Gedenkortes zur Auseinandersetzung mit der deutschen Demokratiegeschichte anregen.

Anknüpfend an das im Sommer 2023 angestoßene partizipative Kunstprojekt Ein Denkmal wird bunt! soll eine nachhaltige Umdeutung und demokratische Neugestaltung des Erinnerungsortes realisiert werden.

Unter dem Titel Friedland neu erinnern: Ein Denkmal wird bunt! haben sich Jugendliche aus der Gemeinde Friedland ebenso wie junge Menschen aus der Erstaufnahmeeinrichtung mit der Entstehung des Mahnmals und seinen Leerstellen auseinandergesetzt. Ermuntert durch die starke Signalwirkung dieses temporären Kunstprojekts soll nun eine dauerhafte Kontextualisierung und (künstlerische) Kommentierung oder Ergänzung des Mahnmals angestoßen werden, an der eine möglichst breite Öffentlichkeit mitwirken kann.

Im nächsten Schritt wird das Museum eine Arbeitsgruppe aus interessierten Bürger:innen oder Akteur:innen moderieren und koordinieren, die geeignete (künstlerische) Formen der inhaltlichen, medialen oder baulichen Ergänzung des Mahnmals entwickelt. Mitwirken können sowohl Einheimische als auch temporär in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebrachte Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, die völlig verschiedene Blickwinkel auf und persönliche Bezüge zu diesem Ort mitbringen werden. Die gemeinsam entwickelten Ideen sollen ab April 2025 in Kooperation mit Studierenden der HBK Braunschweig unter der Leitung von Prof. Martin Krenn in künstlerische Entwürfe übersetzt, final ausgewählt und bis 2026 auch baulich realisiert werden. Begleitend wird eine Veranstaltungsreihe umgesetzt, die sowohl fachlichen Input in Form von Vorträgen oder künstlerischen Anregungen als auch größere Bürgerfeste im Sommer 2024 und 2025 umfasst. Weitere Säule ist die Entwicklung eines Vermittlungsangebotes, das anhand eines regionalen Beispiels zur konstruktiven Auseinandersetzung mit deutscher Demokratie- und Migrationsgeschichte anregen wird.