Warum haben wir eigentlich junge Menschen aus dem GDL und Jugendliche aus der Gemeinde Friedland eingeladen sich mit diesem monumentalen Gedenkort auseinanderzusetzen und ihre eigene künstlerische Perspektive beizutragen? Ganz einfach: weil das Mahnmal schon in seiner Entstehungszeit 1966/67 polarisiert hat und es sehr unterschiedliche Sichtweisen darauf gab (und gibt). Ursprünglich sollten verschiedene Beteiligte an der Planung mitwirken und mit dem damaligen Bundeskanzler Adenauer hatte der Verband der Heimkehrer einen prominenten Unterstützer, der u.a. den Kauf des Grundstücks hier auf dem Hagen initiiert hat. Doch der VdH baute das Monument schließlich im Alleingang. Denn sowohl die per Wettbewerb generierten Entwürfe als auch die Inschriften der insgesamt 12 Tafeln waren umstritten, weil mit Vertriebenen, Kriegsflüchtlingen, Heimkehrern und gefallenen Soldaten ausschließlich deutsche Opfergruppen benannt & beziffert werden.
Die unzähligen anderen Opfer des NS-Regimes, insbesondere jene in den grausamen Konzentrationslagern, werden ausgeblendet und finden hier keine Erwähnung. Eine mahnende Bitte des Bundesvertriebenenministeriums, hierzu noch eine weitere Tafel zu ergänzen, schlug der VdH damals aus. Diese Lücke im Gedenken wurde übrigens schon von Zeitgenossen kritisiert, denn kurz nach der Eröffnung tauchten schon die ersten kritischen Graffitis an den Betonstelen auf. Aus Perspektive der heutigen Gesellschaft, die viel stärker für Diskriminierung und Rassismus sensibilisiert ist, wiegt die Leerstelle in der Erinnerung noch schwerer und wird der Wunsch konkreter, sie zu füllen oder zu ergänzen.
Noch dazu hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass der Gedenkort aufgrund seiner Fokussierung ganz offensichtlich anschlussfähig für ausgrenzende und nationalistische Ideologien ist. Auf rechte Kundgebungen lediglich mit einer Gegendemo und einem Aktionstag zu reagieren, wie es im vergangenen Jahr der Fall war, schien uns als Museum nicht mehr ausreichend. Wir fanden es an der Zeit, ein deutliches und dauerhaft sichtbares Zeichen für Vielfalt zu setzen!
Seit 1967 sind weltweit unzählige andere Menschen Opfer von Kriegen, Gewalt oder politischen Konflikten geworden und mussten aus ihrer Heimat fliehen. Viele von Ihnen (insgesamt sind es mittlerweile über 4,4 Millionen) haben in Friedland Zuflucht gefunden. Momentan sind Menschen aus mehr als 15 verschiedenen Herkunftsländern im Grenzdurchgangslager untergebracht. Was also liegt näher, als die aktuell betroffenen und temporär hier untergebrachten Menschen einzubeziehen und sie gemeinsam mit heimischen Jugendlichen buntes Statement setzen zu lassen?!
Als Bildungsreferentin liegen mir Projekte mit jungen Menschen besonders am Herzen. Ihnen heute präsentieren zu dürfen, wie die Idee einer temporären Kunstaktion am Mahnmal sich in den ausdrucksstarken und gemeinschaftlich gestalteten Bannern manifestiert hat, ist eine große Freude für mich. Ich möchte mich dafür ganz herzlich bei allen Beteiligten, allen voran den kreativen jungen Leuten bedanken!
Ein großes Dankeschön geht auch an die Partnerschaft für Demokratie und Tobias Schläger von der Bildungsgenossenschaft, die uns das großartige Projekt ermöglicht haben. An die Gemeinde Friedland und Herrn Siems für ihr Vertrauen in unsere verrückten Ideen & die große Unterstützung.
Natürlich auch an Thomas Deisel, ohne dessen Expertise und Geduld die Kunstwerke nicht entstanden wären. Und last but not least an Bodo Mecke, der den Hubsteiger bei Wind & Wetter in luftiger Höhe manövriert und alle Schwierigkeiten der Befestigung gemeistert hat – Chapeau für diesen Kraftakt!