Therese und Heinrich Ridder Hochzeit in der Holzkapelle

In einer alten gefärbten Uniform stand er eines Tages vor ihr, der hochgewachsene Mann mit den blonden Haaren und den blauen Augen. Verloren habe er gewirkt, erinnert sich Therese Gilles, in der Nachkriegszeit Sekretärin bei der Caritas im Durchgangslager in Friedland. Die beiden kamen ins Gespräch: Der schlaksige junge Mann hieß Heinrich Ridder und studierte Pädagogik an der Universität Paderborn. Dort suchte die Caritas 1949 Hilfskräfte für das Durchgangslager in Friedland, um die steigende Zahl der deutschen Kriegsheimkehrer aus sowjetischer Gefangenschaft zu betreuen. Ridder meldete sich sofort, denn er fühlte sich den Heimkehrern aus der Gefangenschaft verpflichtet. Schließlich war er selbst nur durch Zufall 1945 der amerikanischen Kriegsgefangenschaft entgangen. Therese Gilles gefiel der junge Mann auf Anhieb. "Da haben wir aber einen netten Kerl gefunden", dachte sie, nachdem sie ihn zu seiner Arbeitsstelle in einer anderen Baracke geleitet hatte.

 

Im Durchgangslager Friedland herrschte 1949 Hochbetrieb: Neben den zahlreichen Kriegsheimkehrern galt es auch die vielen Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zu versorgen. Die Arbeitstage waren lang – sie begannen um sieben Uhr morgens und endeten meist erst kurz vor Mitternacht. Heinrich war vor allem für den Empfang der Kriegsheimkehrer zuständig und die Verteilung von Kleiderspenden und Essenspaketen. Therese verfasste im Auftrag des Lagerpfarrers Josef Krahe Spendenbriefe oder kümmerte sich um die ankommenden Flüchtlinge und Heimkehrer. Zunächst begegneten sich die beiden während ihrer Arbeit und verabredeten sich schließlich zum gemeinsamen Mittagessen.

 

Das Gerücht, dass sich der junge Student und die Sekretärin angenähert hatten, machte im Lager die Runde. Immer öfter platzte Lagerpfarrer Krahe in ihre Rendezvous hinein. Die Freude war groß, als die beiden ihre Verlobung bekannt gaben. Krahe bot ihnen sofort an, die Hochzeit in der Holzkapelle in Friedland zu feiern. Er besorgte Therese weißen Stoff, aus dem auch sein Messgewand geschneidert war. Daraus nähte ihr eine Flüchtlingsfrau aus dem Lager ein Hochzeitskleid. An einem warmen Sommertag, am 29. Juni 1951, wurden Therese und Heinrich in der Holzkapelle im Lager Friedland getraut. Ihre Kollegen hatten alles organisiert: In einer nahe gelegenen Holzbaracke wurden Kaffee, Kuchen und Wein serviert, als Geschenk bekamen sie einen großen Esstisch. Ihr Hochzeitstag war gleichzeitig der Abschied von Friedland, denn Heinrich Ridder trat bald darauf eine Stelle als Lehrer in Westfalen an. Therese folgte ihm und gab ihre Arbeit als Sekretärin in Friedland auf: "Für mich war es an der Zeit, meine eigene Familie zu gründen."

 

Mittlerweile sind über sechzig Jahre vergangen, viel hat sich in Friedland verändert: Die alten Baracken wurden abgerissen, die Holzkapelle durch eine Steinkirche ersetzt . Auch wenn rein äußerlich kaum noch etwas an das Lager erinnert, das Therese und Heinrich Ridder kannten: Sie kehren immer wieder zurück. Denn das Lager Friedland wird immer ein Teil ihres Lebens bleiben.