Martin Weiser erzählt mit viel Engagement und Temperament, erinnert sich noch an ganz viele Namen. So konnten wir mit seiner Hilfe eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes identifizieren: Er erkannte Schwester Ottilie, kurz „Otti“ genannt, auf einem Foto des Bildjournalisten Fritz Paul. Dem Fotografen war Martin Weiser viele Male begegnet, wie er sagt. Er sei unverkennbar gewesen mit der Kamera, die er immer um den Hals trug.
Martin Weiser stand zeitlebens in engem Kontakt zu Friedland und zum Lager. Als Jugendlicher engagierte er sich zunächst als Messdiener, später dann in der Kolpingfamilie. Lebhaft erinnerst sich Weiser an einen Martinsumzug in seiner Jugendzeit, an dem um die 300 Kinder teilnahmen. Auch als Erwachsener blieb die Verbindung zu Friedland bestehen. Der Grund: Martin Weiser arbeitete als Kfz-Meister im benachbarten Groß Schneen, viele seiner Kunden waren Mitarbeiter*innen des Lagers. Er holte ihre Autos im Grenzdurchgangslager ab und brachte sie nach der Reparatur wieder dorthin zurück. Auch für bestimmte Dienstleistungen wurde Weiser ins Lager gerufen. Zum Beispiel kurz vor der Ankunft des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Er sollte in letzter Minute vor Eintreffen des hohen Besuchs einen Abrisscontainer abtransportieren, der das Bild gestört hätte. Auch an den nahegelegenen Spielplatz erinnert sich Weiser, ebenso an lustige Faschingsfeiern. Friedland erlebte Martin Weiser als ein Stück Heimat. Sein erstes Spielzeug hatte er in Friedland erhalten.
Beim Betrachten alter Fotografien zeigt sich, dass Martin Weiser sehr viel Wissen hat über die bauliche Entwicklung des Lagers und den Alltag dort. Bei diesem Interview wird deutlich: Historische Fotos und Oral History, also die mündliche Überlieferung der Historie, lassen die Geschichte lebendig werden.
Ewa Kruppa und Eva Völker