Di, 06.02.2018
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Ein Rundgang voller Erinnerungen

Vor kurzem besuchte Rami A. das Museum Friedland; selbst hat er zweieinhalb Monate im Grenzdurchgangslager Friedland gelebt, stellte von dort aus seinen Asylantrag, zurzeit wohnt er in Göttingen, wo er sich auf sein Studium der Wirtschaftsinformatik vorbereitet.

Während der 24-Jährige durch die Ausstellung geht, erklärt er mir immer wieder verwundert, wie wenig er über die Geschichte Deutschlands wusste und auch wie sehr Deutschland vor seiner Ankunft von Fluchterfahrung geprägt gewesen ist. Er selbst ist im Sommer 2015 aus dem irakischen Mossul hierher geflüchtet, nachdem die Besetzung der Stadt durch den IS nicht mehr zu ertragen war. Er hat sich von seinem alten Leben verabschieden müssen und bemerkt vor allem in dem Teil der Ausstellung, der der Gegenwart gewidmet ist, Überschneidungen mit seiner Flucht: „Ich kenne die Leute, die auch so waren, die auch ihre Familien zurückgelassen haben, ihr Studium, ihre Arbeit, fast alles und die hier gekommen sind um Sicherheit zu suchen, genauso wie ich“. 

Nachdem er einen umfassenden Eindruck vom Museum bekommen hat, sprudelt es nur so aus ihm heraus – er vergleicht unentwegt seine eigenen Erfahrungen in der Erstaufnahmeeinrichtung mit der Vergangenheit. So hätten die Fotos der Ausstellung bei ihm den Eindruck erweckt, dass die Situation in Friedland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht so schlimm gewesen sei, wie er sich das vorgestellt habe. Auch gerade nicht im Vergleich zu den Zuständen, wie er sie im Sommer 2015 bei seiner Ankunft im Grenzdurchgangslager vorgefunden hat. „Es war nie so schlimm, wie was ich eigentlich in real life hier gesehen habe in Friedland, wie die lange Schlange immer an der Essensausgabe oder die Schlange am Anmeldungsbüro“. Es habe sogar Menschen gegeben, die vor der Anmeldung genächtigt hätten, in der Hoffnung, als erste Anrecht auf ein freies Zimmer zu bekommen und das lange Warten zu umgehen. 

Denn als Rami im Sommer 2015 in Friedland unterkam, war die Flüchtlingsunterkunft hoffnungslos überfüllt. Daher bringt das Foto vom leeren Speisesaal der Erstaufnahmeeinrichtung Rami zum Lachen: „So sah es hier nie aus, weil da gab es immer mal Leute, die einfach aggressiv waren oder Leute die einfach hungrig waren“.

Auf die Frage hin, ob er noch gerne auf seine Zeit in Friedland zurückblickt, schüttelt er entschieden den Kopf. „Gibt es ganz ganz wenige Leute die sagen, oh es war schön, weil es so schwierig war, aber als wir gekocht haben, hat sich das richtig richtig glücklich angefühlt.“ 

Unser Rundgang durch das Museum war sehr interessant, wir haben beide sehr viel dazugelernt und wurden durch die Ausstellung zu interessanten Gesprächen angeregt. So hätte ich nicht gedacht, dass ein kleiner Schlafraum die Bewohner*nnen animieren würde, dort mit mehr als zehn Personen zu singen, sich zu unterhalten und von einer besseren Zukunft zu schwärmen. 

Im Endeffekt sollte das ja auch das Resultat eines gelungenen Museumsbesuches sein – eine Anregung, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen und eigene Gedanken und Erlebnisse damit zu verknüpfen. Rami jedenfalls blickt mit Freude seinem Studium der Wirtschaftsinformatik in Deutschland entgegen. Das einzige, was ihn noch einmal nach Friedland bringen würde, sagt er, sei ein erneuter Besuch des Museums.

Clara Kampa

Mo, 26.02.2018 Fr, 19.01.2018