Skip to main content
Do, 07.12.2017
Das Foyer war voll besetzt|

Museum Friedland präsentiert Dokumentarfilm über den Gulag

Der Gulag, das System der Straf- und Arbeitslager in der UdSSR, bezeichnet ein grausames Kapitel der sowjetischen Geschichte. Von 1930 bis 1953 starben mehr als 2,7 Millionen Menschen in den Lagern. Was wenig bekannt ist: Es gibt einen direkten Bezug zur deutschen Geschichte und zu Friedland: Kriegsgefangene sowie Zivilpersonen aus dem sowjetischen Machtbereich wurden in die UdSSR verschleppt und im Lagersystem des Gulag zu Zwangsarbeit verurteilt. Diejenigen, die überlebten, wurden nach Stalins Tod rehabilitiert und kamen über Friedland in die Bundesrepublik.

In der DDR wurde der der Gulag tabuisiert, auch in der Bundesrepublik war er seit den 1960er Jahren weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet.

Grund genug für das Museum Friedland den Film „Die letzten Zeugen des Gulag“ des Göttinger Regisseurs Dean Cáceres und seines Kollegen Lars Henze zu präsentieren. Der Film zeigt am Beispiel verschiedener Künstler, wie ihnen die Kunst in Form von Musik, Theater, Malerei und Literatur half, die schrecklichen Lagerbedingungen zu überleben.  „Für mich sind die entstandenen Werke neben den Überlebenden selbst ebenfalls Zeugen des Gulag“, erläutert der Filmemacher Dean Cáceres.

Dr. Steffen Wiegmann, wissenschaftlicher Leiter des Museums, moderierte das Gespräch mit Cáceres.  Der Regisseur und Filmemacher erzählte von seinen persönlichen Eindrücken und Schwierigkeiten während der Dreharbeiten in Russland. Er sprach davon, dass Stalins Gewaltherrschaft und der Gluag aktuell in der russischen Gesellschaft bislang wenig aufgearbeitet wurden. Einzig die Menschenrechtsorganisation „Memorial“ ist darum bemüht. Ein ehemaliger Psychiater im Publikum machte eine Anmerkung dazu, wie Betroffene die schrecklichen Erlebnisse individuell verarbeiteten. Er sprach davon, dass Traumata oft ausgeblendet würden, was für den einzelnen durchaus eine sinnvolle Strategie sein könne. Der Generalmusikdirektor des Göttinger Symphonieorchesters, der sich sehr für das musikalische Werk eines Gulag-Opfers, des Komponisten Alexander Weprik interessiert, mahnte an, dieses Kapitel der Geschichte kollektiv zu erinnern und aufzuarbeiten. „Dies ist gerade angesichts der populistischen Tendenzen, die aktuell in vielen Ländern zu beobachten sind, sehr wichtig“, sagte Christoph Mathias Mueller, der sich im kommenden Jahr intensiv mit dem Werk Alexander Wepriks auseinandersetzen will, um es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Das Foyer war bis auf den letzten Platz besetzt. Unter den knapp 50 Gästen waren auch einige Zeitzeug*innen und Angehörige wie etwa die Frau des ehemaligen Gulag-Insassen Siegfried Jenkner. 

Umrahmt wurde die Veranstaltung durch vier Bilder eines Gulag-Überlebenden aus der Region, die erst kürzlich dem Museum Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt worden waren. Sie stammen von Herrmann Günter aus Jühnde, der 1949 aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft über Friedland nachhause kam. Das Museum Friedland freut sich über die Gelegenheit, einen kleinen Ausschnitt aus seiner Sammlung zu präsentieren. „Die Malereien bestechen durch ihre ganz eigene Bildsprache, die trotz des ernsten Themas einen feinen Humor durchscheinen lässt“, so Steffen Wiegmann. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir sie zu einem späteren Zeitpunkt einem breiten Publikum in einer Sonderausstellung zu zeigen.“

Genia Peters